Immer wieder taucht ein Satz vor mein geistiges Auge, irgendwann von einer überdimensionalen Schrift auf einer Plakatwand ins Langzeitgedächtnis abgespeichert:
Leben ist das was passiert während wir Pläne machen.
Ich studierte in einem fernen Leben Geisteswissenschaften, Kunstgeschichte und Neuere Deutsche Philologie auf Magister. Das tat ich, weil mir nichts Besseres einfiel. Der mitschwingende Hauptleitsatz für diese Studienrichtung war – alles andere werde ich nie abschließen, weil es mich nicht ausreichend interessiert. In der Entscheidungsfindung zum ,beruflichen Werdegang‘ lag niemals die rationale Weitsicht der Frage: Kann ich jemals damit Geld verdienen?, geschweige denn von: Kann ich jemals genügend Geld damit verdienen, um alleine drei Kinder großzuziehen?
Die Antwort blieb ambivalent. Mein Geldverdien-Arbeitsbereich ist heute fern der Kunstgeschichte. Und doch – Ich würde auch heute diesen Weg gehen. Welch langgedehnte Freiheiten ein 6 1/2 jähriges Magisterstudium doch in sich birgt! Trotz diverser Nebenjobs blieb ausreichend Zeit für Freunde, Familie, Party, Reisen und vor allem für den (aus heutiger Sicht) geistigen Leerlauf, der mit spätpubertären emotionalen Ausschweifungen, Lebenserfahrungen, diversen Liebschaftsdramen und den ersten spürbaren Horizonterweiterungen im Erwachsenwerden ausgefüllt wurde. Wenn diese Lebe(ns)jahre nicht gewesen wären, könnte ich manch eine stressbeladene Phase im Lebensabschnitt Alleinerziehend nur wesentlich/ noch provisorischer bewältigen.
Die Zeit für Transformationen ohne großen Zeitdruck war gegeben und warf einem viele Lebensplanfacetten auf. Für keine konnte oder wollte ich mich je ganz entscheiden, so schien es. Lyrik von damals war klein, zart und erfreut an ihrer Unreife:
1998
Nachts, in stillen Träumen, mit dem Wind der blauen Wellen
schwebt mein Körper unberührt
dem Licht entgegen.
Ich tauche ein in eine weiße Welt ohne Schatten.
Meine reine zarte Form nimmt neue Gestalt an,
wird größer, weicher und leichter.
Bis sie den unendlich grenzenlosen Raum mit Wärme ausfüllt.
Ich lebe als Nichts und Alles in dieser ungreifbaren Welt.
Licht ohne Schatten.
Fenster ohne Raum.
Mein Traum bewahrt meine Gegenwart,
lässt sie ruhen im Nichts
und wartet auf mein Wiederkommen.
Der Traum füllte sich mit Leben und schrieb die Zeilen fort. Aus der Fokussierung auf die Erkundung der eigenen Innenwelt wurde ein Erleben im Miteinander, das den Raum weitete, die Dimensionen färbte und immer mehr Banalitäten ausblendete.
2019
Wir setzten den Fuß in die Luft und sie trug.
Wir verliehen schillernden Traumsequenzen Unendlichkeit und sie hielt.
Wir ließen Sekunden in winzigen Zeitfenstern implodieren und sie blieben.
Heute wird emotionalen Ausläufern kein Einhalt geboten.
Sie scharren hinaus die Ferne abzutasten,
gereift im Unvernünftig,
blind vor Lebenslust,
entstaubt vom
Herbstregen.
Der Weg ist das Ziel. Ich bin dankbar für jede Begegnung im Geiste und freue mich auf mehr Weite und Einblick in die Welten meiner Freunde und Seelenbegleiter. Wären meine Um-Wege nicht gewesen, gäbe es das schöne Foto und vor allem die lebenswerte Geschichte hierzu nicht.
Im Wandel der Zeit, in der wir wachsen, uns aufrichten, aufrichtig sind und werden geben die von außen auf uns stürzende Wände aus Wasser die Kraft und den Willen uns dem entgegenzustellen.
Auch wenn wir nass werden, ertrinken wir nicht, die gestärkten Füße und Beine lassen uns empor kommen.
Für so manch Weg der Vergangenheit kann ich heut Antwort geben. Würd ich meinem früheren Ich manch Rat mitgeben? Ja aber nur in privaten Dingen.
Dem vermeintlichen Irrweg im beruflichem werden, würde ich wieder so beschreiten wollen. Trotz mancher Entbehrung, Enttäuschung haben mich diese durchaus schmerzerfüllten Abschnitte werden lassen. Sie haben mich reifen lassen.
Mit einer Klarheit, was ich möchte und was nicht zog dies im Privatem nach.
Das Vertrauen in sich selbst, diesen Weg oder auch nur einen Weg zu gehen, ist mit das wertvollste was man erreichen kann.
Und räumt man Steine aus dem Weg, kann es sein, dass eben solche, anderen vor die Füße fallen.
So bleibt zu hoffen das niemand stolpert, sondern beherzt den Weg geht.
Das Gipfelkreuz im Blick und die Entschlossenheit in den Beinen kann gemeinsam vieles erreicht werden. Gestärkt durch die Gemeinschaft im Geiste getragen durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.